Anna Hoffmann Business Consulting und Facilitation

 Annas Blog - Wertschöpfung durch Lernen aus Erfolg

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22 Oktober, 2016

Wertschöpfung durch Lernen aus Erfolg

Francesca  Gino und Gary Pisano postulieren, dass überraschenderweise gerade Erfolg eine  Ursache für späteren Misserfolg von Unternehmen sein kann.1  Die Fähigkeit, aus Fehlern  zu lernen, wird allgemein als ein wichtiger Faktor für die organisationale  Weiterentwicklung gesehen. Doch die Fähigkeit, aus Erfolg zu lernen, kann eine  noch bedeutendere Herausforderung für das langfristige Wachstum des Unternehmens  darstellen.

Erfolg  verleitet dazu, sich vermehrt auf das Gewinnen statt auf das Lernen zu  fokussieren. Vorliegende Informationen und Daten werden im Fall des Misserfolgs  ausgewertet, um festzustellen, was falsch gelaufen ist. Im Erfolgsfall werden selten  Analysen durchgeführt, um die Gründe für den Sieg genauer zu bestimmen. Dadurch  bleiben elementare Quellen der Wertschöpfung ungenutzt, denn durch die Analyse  des eigenen Erfolgs können wertvolle  und  in der Regel leicht umsetzbare Erkenntnisse für zukünftige Erfolge gewonnen  werden.

Folgende Faktoren  erschweren nach Gino und Pisano das Lernen aus Erfolg:

  • Fundamentale Zuschreibungsfehler  (fundamental attribution errors):
    Im Erfolgsfall wird der Erfolg den eigenen Einsichten, Strategien, Talenten,  Managementfähigkeiten und aktuellen Modellen zugeschrieben. Der nicht  unerhebliche Einfluss von hilfreichen Zufällen oder positiven Umweltbedingungen  wird zu wenig beachtet. Erfolg kann deshalb blind machen für Schwächen und  Probleme in der aktuellen Strategie oder der Unternehmenskultur.
    Umgekehrt wird bei der Analyse der Erfolgsfaktoren der Konkurrenz die Bedeutung  von Management und Strategien heruntergespielt, während externen Faktoren wie  Glück oder günstigen Umständen viel Gewicht beigemessen wird. In der Forschung  ist das als klassisches menschliches Verhalten nachgewiesen.
    Generell fällt es den meisten Menschen schwer, die Relevanz von  Rahmenbedingungen für den Erfolg oder Misserfolg einer Sache richtig  einzuschätzen. Erfolg in einem leichten Umfeld erscheint oft beeindruckender  als das Überleben in einem schwierigen Umfeld, obwohl das Überleben in einem  Krisensektor vielleicht mehr Fähigkeiten und Talent erfordert.
  • Wahrnehmungsverzerrung durch zu viel  Selbstvertrauen (overconfidence bias):
    Durch den Erfolg steigt die Selbstsicherheit. Deshalb kann Erfolg dazu verleiten, der eigenen Urteilskraft zu viel  Bedeutung beizumessen. Fehler in den eigenen Entscheidungen werden dann nicht  wahrgenommen. Auch wenn der Glaube an sich selbst viele gute Seiten hat, kann  ein Zuviel an Selbstvertrauen jede Form von Veränderung  unnötig erscheinen lassen.
    Denn dadurch kann sich eine gefährliche Tendenz entwickeln, kritische Stimmen  oder schlechte Nachrichten zu ignorieren. Die Folgen sind übersehene Chancen  für Innovationen, wachsende Qualitätsprobleme, absinkende Kundenzufriedenheit,  eine zu hohe Risikobereitschaft und eine Ignoranz gegenüber wichtigen  Marktveränderungen.
  • Versäumnis, nach den Ursachen zu forschen  (failure-to-ask-why syndrom):
    Im Erfolgsfall besteht die Tendenz, die Gründe für eine gute Performance nicht  systematisch durch eine ausreichende Reflexion zu untersuchen. Man geht davon  aus, das alles benötigte Wissen und relevanten Informationen zur Verfügung  stehen. Das kann sowohl in Teams als auch in der Führungseben dazu führen, das  wichtige oder heikle Fragen nicht gestellt werden. Falsche Annahmen über die  Ursachen von Erfolg werden so nicht revidiert werden.


Lösungsmöglichkeiten zum  gezielten Lernen aus Erfolg bestehen in der geplanten und systematischen  Reflexion von abgeschlossenen Projekten. Im US-Militär wird dazu das Format  "After-Action Reviews" (AARs) eingesetzt. In dem Format werden vier  grundlegende Fragen gestellt: Was hatten wir geplant? Was ist tatsächlich  passiert? Warum ist es passiert? Was lernen wir für die Zukunft?
Auch bei der Beurteilung  einzelner Mitarbeiter ist es wichtig, nicht nur schlechte Performance genauer  zu analysieren. Die Ursachen für erfolgreiche oder exzellente Performance zu  untersuchen, kann wichtige Lektionen für andere Mitarbeiter zu Tage treten  lassen.
Die innovative  Filmschmiede Pixar, ein potentieller Kandidat für „Nicht-Lernen wegen  konstantem Erfolg“, führt mit den Postmortems konsequent Rückblicke der  abgelaufenen Prozesse durch. Dabei werden an das Team Reflexionsfragen gestellt  wie: "Was sind die wichtigsten fünf Punkte, die Sie auf alle Fälle wieder so  machen würden?" und "Welche fünf Punkte würden Sie auf keinen Fall  wiederholen?" Ergänzend werden über  alle Aspekte der Produktion Daten gesammelt, die dazu genutzt werden,  persönliche Einschätzungen über organisationale Herausforderungen abzugleichen  und Diskussionen anzuregen. Zusätzlich werden Reviews auf der Metaebene  abgehalten, in denen über den Ablauf von mehreren Produktionen reflektiert  wird. Diese Reviews werden nach Möglichkeiten von jemandem geleitet, der die  Perspektive eines Außenstehenden einbringt.


    1 Gino, Francesca  und Pisano, Gary (2011): "Why leaders don`t learn from success", in "Harvard  Business Review", 4/2011

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